Page 18 - Nachhaltigkeitsmagazin 2020
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Umwelt und Klima Nachhaltigkeitsmagazin 2020
N ovember 2019: Das Sturmtief Detlef erfasst
weite Teile Kärntens. Extreme Windstärken und
gewaltige Eislasten auf den Leiterseilen lassen auf
dem Wildseetörl in 2.350 Metern Seehöhe einen
Gittermast einer 110-kV-Doppelleitung umknicken. Zwei
weitere Masten werden dadurch ebenfalls schwer beschädigt.
Die KNG-Kärnten Netz GmbH muss diesen Leitungsabschnitt
außer Betrieb nehmen. Trotzdem können weiter alle Kunden
mit Strom versorgt werden – sie bemerken diesen Ausfall gar
nicht, weil das 110-kV-Netz der KNG-Kärnten Netz GmbH nach
dem Prinzip der „(n-1)-Sicherheit“ konzipiert ist. Alle großen
Stromverbrauchszentren in Kärnten werden von mindes-
tens zwei Seiten auf der 110-kV-Ebene mit Strom versorgt.
„Wenn ein Element wie diese 110-kV-Verbindung in unserem
Stromnetz ausfällt, wird durch den speziellen Aufbau des
gesamten Systems die Versorgung der Verbrauchszentren mit
elektrischer Energie weiterhin sichergestellt“, erklärt Michael
Marketz, Geschäftsführer der KNG-Kärnten Netz GmbH.
Die Konzeption des 110-kV-Netzes
Das 110-kV-Netz der KNG-Kärnten Netz GmbH besteht im
Wesentlichen aus zwei Ringverbindungen. Ausgehend
vom zentralen Umspannwerk in Villach-Landskron führt ein
110-kV-Ring durch Ostkärnten und ein 110-kV-Ring durch
Westkärnten. Auch wenn eine dieser beiden Ringverbindun-
gen an einer Stelle unterbrochen ist, kann das Gesamtsystem
weiterbetrieben werden. Das gewährleistet die Konzeption
des 110-kV-Netzes nach dem „(n-1)-Prinzip“. Sehr wesentlich
Die (n-1)- für die Sicherheit der Versorgung sind zusätzlich die beste-
henden Abstützungen des 110-kV-Netzes aus dem überregio-
nalen Höchstspannungsnetz in Obersielach bei Völkermarkt
und Malta Hauptstufe bei Rottau im Mölltal sowie das Um-
spannwerk in Lienz in Osttirol. Die dritte 220/110-kV-Netz-
Sicherheit im abstützung in Kärnten ist derzeit südlich von Villach im Bau. Mithilfe eines Lastenhubschraubers konnten die Reparaturarbeiten im
Hochgebirge durchgeführt werden.
Die Umstände der Störung am Wildseetörl machten die Be-
deutung der „(n-1)-Sicherheit“ im Kärntner 110-kV-System
mehr als deutlich. Der 110-kV-Ring in Westkärnten führt
Sichern und reparieren
ausgehend von Landskron durch das Mölltal und über das
Möglichst rasch bedeutete in diesem Fall mehrere Monate
Kärntner Drautal ins Gailtal, muss also im westlichsten Teil des Bundes- harte Arbeit. In einem ersten Schritt wurden der geknickte
Mast und die beiden schwer beschädigten Masten noch
landes die Kreuzeckgruppe zwischen dem Mölltal und dem
im Dezember 2019 gesichert. „Wir mussten verhindern,
Drautal sowie den Gailbergsattel zwischen dem Drautal und
dass Lawinenabgänge und weitere Schneefälle zusätzliche
dem Gailtal überqueren. Der höchstgelegene Punkt dieser
Leitung be ndet sich am Wildseetörl in der Kreuzeckgruppe
Schäden an der Leitungsanlage anrichten“, erklärt Marketz.
Verteilernetz auf 2.350 Metern Seehöhe. Parallel dazu wurden Planungen und Berechnungen durch-
geführt sowie das Material für den neuen und die beschä-
digten Masten bescha t. „Im Februar 2020 konnten wir die
Extreme Bedingungen im Hochgebirge
Baustellen auf dem Wildseetörl und dem Vormontageplatz
Das Sturmtief Detlef brachte in Hochgebirgslage meterho-
bei Simmerlach im Drautal einrichten. Danach begannen wir
hen Schnee. Der schwere Sturm Mitte November 2019 und
die Eislast auf den Leiterseilen führten zum Gebrechen am
Leitungsmast mit der Nummer 31. Die Störstelle konnte zu- mit Unterstützung einer Leitungsbau rma mit den Repara-
turarbeiten auf der exponierten Hochgebirgsbaustelle.“ Alle
| nächst überhaupt nicht erreicht werden, das Schadensausmaß Fachkräfte, das gesamte benötigte Material, Maschinen und
Werkzeuge wurden mit Hubschraubern auf das Wildseetörl
wurde vom Hubschrauber aus festgestellt. Erst Tage nach dem
Störungseintritt und nach Rückgang der Lawinengefahr waren ge ogen. Auf dem Vormontageplatz bauten die Mon-
Der Winter 2019/2020 hat eindrucksvoll bewiesen, wie wichtig es ist, dass das 110-kV-Netz ein Begehen und eine Schadensermittlung vor Ort möglich. teure der KNG-Kärnten Netz GmbH die Einzelteile für die
der KNG-Kärnten Netz GmbH nach dem Grundsatz der (n-1)-Sicherheit funktioniert. Eine rasche Reparatur mit herkömmlichen Transporten erwies 110-kV-Gittermasten in transportable Einzelteile zusammen.
sich als unmöglich. „Weil diese 110-kV-Leitung für die Sicher-
Die Mastteile wurden mit einem Lastenhubschrauber zu den
Die Anwendung dieser Regel gewährleistet, dass bei Ausfall einer wichtigen Komponente heit der Versorgung aber sehr wichtig ist, waren wir gezwun- Maststandorten ins Hochgebirge ge ogen und montiert,
im Stromnetz das Gesamtsystem „normal“ weiterbetrieben werden kann. SDG 7,9 gen, sie möglichst rasch zu reparieren“, erläutert Marketz. dann folgten die Seilzugarbeiten. –>
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